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Texte zur Inspiration


Meine Demenz – und der Engel

Ich habe immer weiter Demenz, aber gleichzeitig spüre ich den Engel in mir.

Ich habe schon länger gedacht, wie schön es wäre, dass wenn ich gestorben bin, ich danach ganz ein Engel sein könnte. Ich würde dann nicht mehr als Mensch auf der Erde sein, sondern als Engel nur noch tief für Andere da zu sein.

Aber gerade spüre ich, dass ich auch jetzt schon wie ein Engel bin. Ich kann bei allen Menschen die Augen wahrnehmen und die Seele spüren. Aber auch ohne die Augen spüre ich die wirkliche Stimmigkeit und die wahre Herkunft.

Es wird mir immer klarer, dass ich von Anfang an Menschen in der Tiefe wahrgenommen habe, ich anscheinend als kleines Kind schon ein menschlicher Engel war. Gott schenkte mir das offenbar. Auch wenn mir das nicht bewusst war, habe ich von Anfang an Menschen, Tiere und Bäume in der Tiefe wahrgenommen.

Später arbeitete ich ja viele Jahre als Diplom-Pädagogin – und da haben einige mir gesagt, ich sei für sie wie ein Engel. Es hat mich sehr berührt. Ich war gerne und tief bei anderen Menschen, sie sind in meinem Herzen.

Ich war gerne lange Zeit bei anderen Menschen, aber leider war ich selbst zu wenig bei mir. Doch seit ich die Demenz habe, spüre ich nun auch mich. Wir sind nun gegenseitig da, ich kann nun auch mich zeigen. Und ich nehme jetzt deutlich den tiefen Engel wahr.

Allerdings spüre ich jetzt immer weniger, was auf der Erde geschieht. Ich verstehe viele Worte nicht mehr, die ich lese, aber es interessiert mich auch einiges nicht mehr. Wenn andere Menschen gerne vieles sprechen, verstehe ich leider manches nicht mehr. Aber das Licht und die Liebe ist deutlich tief in mir da.

Trotz meiner Krankheit ist Gott deutlich in mir da, ich spüre tief in mir die Liebe. Und ich merke, dass ich selbst keinen Engel für mich brauche. Weil Gott klar in mir da ist, genügt mein eigener Engel.

Jesus ist tief für mich da, ich spürte und liebte ihn von Anfang an. Auf der Erde starb Jesus vor mehr als zweitausend Jahren, aber im Göttlichen ist er im Jetzt. So geht es auch uns, denn die Jahre gibt es nur hier auf der Erde. Wenn wir nicht mehr auf der Erde sind, denn sind wir in der Ewigkeit. Auch wenn jemand gestorben ist, spüre ich weiter das wahre Tiefe.

Ich merke, dass ich jetzt trotz Demenz und Rente für Menschen da sein möchte. Ich verurteile sie nie, auch wenn es für sie Heftiges auf der Erde gibt. Trotz Ärger oder Enttäuschungen nehme ich ihre Seele wahr.

Oft fehlt etlichen Menschen auf der Erde das Göttliche, sie können das Tiefe nicht mehr wahrnehmen. Manchmal gibt es auch Angst und Verzweiflung. Aber als Engel nehme ich die Seele bei ihnen war. Viele Menschen fühlen sich dann auf einmal wohl. Und ich habe früher und auch jetzt andere niemals beurteilt. Es ist ja menschlich, ganz auf der Welt zu sein und die Seele nicht mehr wahrzunehmen.

Inzwischen rühren mich alle Menschen und sie sind tief in mir da, auch wenn sie manchmal ohne Namen sind und auch äußerlich sehe ich sie manchmal nicht allzu bewusst. Aber immer wieder geschieht es, dass wenn wir spazieren gehen oder uns irgendwo treffen, wir einander besonders wahrnehmen und uns gegenseitig spüren.

Ein Engel kann dann unser Leben verändern. Und es ist schön, miteinander das Tiefe und den besonderen Leib zu spüren. Durch den Engel gibt es Stille und das Geheimnis Gottes. Es berührt und begleitet uns in Liebe und Zärtlichkeit.

Eva Neuner, www.eva-neuner.de (Webseite)

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